9. April 2015

Archetypen

Es gibt verschiedene Ansatzpunkte, wie man seinen Stil findet.
Für manche Menschen ist Kleidung vor allem Kunst – einige Designer sind sogar so experimentierfreudig, dass ihre Kleidung und Schuhe gar nicht unbedingt dafür gedacht sind, sie anzuziehen, sondern reine Kunstgegenstände sind. Die Frage, was guter Stil ist, orientiert sich hier wohl an ähnlichen Gesichtspunkten, wie sie auch für bildende Kunst gelten.
Die vermutlich meisten Menschen möchten durch ihre Kleidung ihr Innerstes darstellen, ihre Werte und ihren Geschmack. Guter Stil passt dann zu Charakter und Persönlichkeit. Das ist die „Software“, über die ich schon ansatzweise geschrieben hab (und über die ich später doch noch mehr bringen möchte).
Ein weiterer Ansatz sind die Archetypen. Sie bleiben auf der Oberfläche, was sie aber deswegen nicht uninteressanter macht. Hier wird versucht, aus Kleidung und Körper ein harmonisches Bild zu gestalten, indem die Kleidung den Körper sozusagen imitiert. Es wird äußere Authentizität angestrebt.
Diese Konzepte lassen sich aber auch wunderbar verbinden, sodass jeder sich aus allem rauspicken kann, was er mag.

Was sind Archetypen? Da hab ich jetzt selber nachschauen müssen. In der Philosophie und der Psychologie sind das offenbar bissl verschiedene Dinge. Ich kenn mich leider mit beidem nicht aus. Ich habs so verstanden, dass Archetypen Vorstellungen von bestimmten sozialen Rollen sind, die der Menschheit ureigen ins Hirn gebrannt scheinen. Egal aus welcher Kultur oder Zeit, jeder hat ein ähnliches Bild vor Augen, wenn er die Begriffe Weise Frau, Krieger oder Mutter hört.
Die Archetypen auf den Stil bezogen, liegen stärker auf einer popkulturellen Basis und sind bestimmt auch ziemlich eurozentristisch. Aber wir alle haben ebenfalls ein sehr homogenes Bild vor Augen, wenn wir Begriffe hören wie Girl next Door, Amazone oder Hell's Angels Biker. Ein bisschen sind Archetypen auch wie Filmrollen, oder?
Kleiner Teaser: Hast du dich nicht auch schon mal gefragt, warum manche Schauspieler bestimmte Rollen so besonders glaubwürdig verkörpern oder (bei Literaturverfilmungen zB) unterschiedliche Schauspieler in den selben Rollen nicht nur wegen ihrer unterschiedlichen Interpretation der Rolle ganz anders wirken? Manche Leute sind richtig prädestiniert für bestimmte Rollen - Tilda Swinton als überirdische Vampirfrau, oder Jennifer Aniston als lässig-starkes Girl next Door. Adrien Brody könnte nie eine Kante von Biker spielen, und Monica Belucci wäre als kumpelhafte Hiphopgöre auch nicht so wirklich glaubhaft. Diese Frage nach Filmrollen wird hier dann recht zentral (und hoffentlich unterhaltsam) sein. 

Bei den Farbtypen haben wir schon gesehen, Menschen empfinden es als harmonisch wenn die Kleidung körpereigene Farben wiederholt. Mensch und Hülle werden zu einer authentischen Einheit, wodurch wir das Gefühl haben, wir sehen den Menschen selbst (und nicht seine Kleidung). Wie wir eine Farbe wahrnehmen, hat mit dem Kontext zu tun, in den wir sie setzen. Die Farbe Lachs wirkt neben Kürbisorange wie Rosa und neben Fuchsia wie Orange. Setzen wir unseren Körper in den falschen farblichen Kontext, wirkt er seltsam: Ein True Summer wirkt gelblich und kränklich in Rostrot, ein True Winter angestaubt bleich in sanftem Taubenblau. In den jeweiligen passenden Farben dagegen ergibt alles Sinn.
Bei Archetypen geht’s um das gleiche, nur statt Farben sind es nun Linien und Formen und Vibes.

Archetypen sind ein bisschen komplexer und auch abstrakter als Farbtypen, es gibt leider auch eher wenig Info im Netz (weswegen ich mich schon so lange dafür drücke, diese Reihe zu schreiben).
Namen haben die Archetypen im Netz auch andere: Image Identity, Image types, Style Identity, Archetypes, Style Archetypes, Essences, Kibbe types (David Kibbe ist ein Stilberater, der auf Basis der Archetypen arbeitet(e)) sind mir alle schon mal untergekommen.
Nachtrag: Man muss nur aufpassen, dass sich nicht alle Stiltypen die man im Netz findet auch wirklich auf die "Hardware" beziehen. Die meisten gehen von der "Software" aus: Persönlichkeit, Geschmack, Lebensstil. Das Verwirrende dabei ist leider, dass viele Stiltypennamen gleich verwendet werden.

Es gibt vier Konzepte, die man verstehen muss, um die Archetypen zu verstehen. Die werd ich natürlich als erstes versuchen zu erklären und auch mit Anschauungsmaterial versehen.
Dann wird es konkret: es gibt natürlich StilberaterInnen, die diese Konzepte anwenden und ihre eigenen Stilsysteme/Archetypensysteme daraus gebastelt haben. Die beiden verbreitetsten werde ich vorstellen und auch möglichst viel Anschauungsmaterial verlinken.
Was dann kommt, weiß ich noch nicht – es kommt ganz auf eure Fragen zu dem Thema an und was mir sonst so am Weg noch einfällt.Vielleicht auch Ideen, wie man trotzdem Inspiration draus ziehen kann, auch wenn einem das doch eher abstrakte Konstrukt nicht so zusagt. Mal sehn.
Auf jeden Fall gibt’s dann hier in diesem Einstiegsposting ein Inhaltsverzeichnis.

Die Archetypen gehören zur Blogreihe Operation Kleiderschrank.

Inhaltsverzeichnis
Konzept A: Linien
Konzept B: Yin und Yang
Konzept C: Filmrollen und Essences
Konzept D: Stil
System A: Kibbe
System B: Kitchener

3 Kommentare:

  1. Hi, ich habe eine Frage, die gar nicht so provokant gemeint ist, wie sie vllt klingen mag :): Was ist der Unterschied zwischen Archetyp und Klischee?

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    1. Gute und interessante Frage! Ich hab darauf noch keine Antwort, bzw. Keine, ohne zukünftigen Posts zuvorzugreifen. Nur soviel: Man muss bei den Archetypen aufpassen, eben nicht in Klischees zu kippen. Könnten wir die Frage später nochmal aufgreifen? Grade wenn es um das Ziel der Authentizität geht, ist das sicher ein interessantes Diskussionsthema.

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  2. Hört sich interessant an, bin schon gespannt, wie es weitergeht.
    Grüße Soja

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