Es ist ein breiteres Konzept als Linien in den Körper zu malen, baut aber u.a. auf diesem Prinzip auf. Eckige, gerade Linien sind Yang und runde, gerundete Linien Yin. Man könnte auch männlich (yang) und weiblich (yin) dazu sagen – das zweite und eigentlich offensichtlichere Prinzip ist das durchschnittliche Erscheinungsbild von Männern und Frauen.
Durchschnittliches Erscheinungsbild von Männern und Frauen. Quelle: Truth is Beauty |
Der Mensch ist eine Tierart, bei dem sich Männchen und Weibchen nur sehr gering voneinander unterscheiden, und sogar diese Unterschiede sind nur Durchschnittwerte. Aber sie beeinflussen stark unser Bild von "männlich" und "weiblich" (auch das restliche Blogposting, wo das Bild oben her ist, ist interessant!).
Wie ich im letzten Posting eine stilisierte „runde“ und „eckige“ Frau gezeichnet hab, werden oft Frauen und Männer in Comics, Illustrationen u.ä. gezeichnet: Je femininer eine Person, desto rundere Linien, je maskuliner desto eckigere. Im echten Leben ist weiblich und männlich nicht so eindeutig, wie auch die Bloggerin im Link erklärt hat. Auch im echten Leben ist „Mann“ und „Frau“ in Wahrheit eine Skala. Woran wird denn männlich und weiblich festgelegt? Am Phänotyp? An Linien? An Hormonen? Am Verhalten? Sich mit Archetypen zu beschäftigen kann durchaus in die Genderforschung reinkippen. Ich persönlich mag ja die Begriffe yin und yang, weil sie breiter greifen.
Die Tabelle unten gibt dir ein Überblick über die beiden Extreme, damit du ins Gefühl bekommst, was im Detail mit yin und yang gemeint ist.
YIN | YANG | |
Genereller Eindruck
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Knochenbau | kompakt, zierlich, kurvig, zarte Knochen, weich, sanft, rund | lang, schmal, kräftig, gerade, breite Knochen, stark, eckig |
„Fleisch“ | weich, kurvig, üppig, fleshy | straff, gerade, muskulös |
Kolorit | sanft, wenig Kontrast zwischen Haut/Haare (zB Sommer, Herbst) | Extrem: sehr hell, sehr dunkel, feurig, lebhaft, hoher Kontrast zwischen Haut/Haare, zB Winter, Frühling |
Zunahmemuster | Busen, Bauch, Gesicht; alles wird noch weicher/kurviger. Wirkt dicker als die Waage zeigt | Hüfte, Oberschenkel; die geraden Linien bleiben. Wirkt schlanker als die Waage zeigt |
Kopf
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Gesichtsform | rund, oval, herzförmig, birnenförmig | quadratisch, rechteckig, diamantförmig, dreieckig |
Kieferlinie | weich, fließend, geschwungen | markant, scharf umrissen, gerade |
Kinn | weich, sanft | spitz, markant, scharf umrissen |
Wangenknochen | weiche Linien, wenig oder nicht ausgeprägt | markant, ausgeprägt, wie gemeißelt |
Wangen | weich, „fleischig“, voll | straff, dünn |
Stirn | im Profil gewölbt | im Profil gerade |
Nase | weich, klein, ein bisschen breit, abgerundet | sich verjüngend, schmal, lang, markant, groß |
Augen | groß, rund, Mandelaugen | schmal, klein |
Lippen | voll, weicher geschwungener Lippenbogen | schmal, lang, eckiger oder kaum ausgeprägter Lippenbogen |
Augenbrauen | Bogenförmig, sanft geschwungen | gerade, markant, kräftig, dicht |
Körper
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Körpergröße | klein (oder wirkt klein) | groß (oder wirkt groß) |
„Obsttyp“ | Stundenglas, Birne | Säule, Y |
Schultern | schmal, rund, abgeschrägt | gerade, kantig, breit |
Brustansatz | hoch angesetzt (kurzes Decolleté) | niedrig angesetzt (langes Decolleté) |
Taille | schmal (im Vergleich zu Hüfte und Rippenbogen), deutlich sichtbar | Weit und gerade (im Vergleich zu Rippenbogen und Hüfte) |
Torso/Oberkörper | kurz | lang |
Becken, Hüften | breit, gerundet, Hüftknochen hoch angesetzt | schmal, gerade, quadratisch, Hüftknochen niedrig angesetzt |
Beine | kurz, rundlich, kurvige Waden | Lang, schmal, gerade Waden |
Arme | kurz, leicht gerundet, weich, „fleischig“ | lang, gerade, schlank, muskulös |
Hände und Füße | klein, kurz, weich, gerundet | lang, schmal, knochig |
Jeder Mensch (Männer und Frauen!) steht irgendwo auf der Skala zwischen diesen Extremen, vermutlich gibt es kaum jemanden, der 100% yin oder 100% yang ist. Es kann sein, dass man (teilweise) eine Mischung aus den Extremen ist, und/oder dass man (teilweise) wirklich exakt zwischen den Extremen steht.
Zum Beispiel: Eine Mischung aus Extremen ist, wenn ich in einen Kreis ein Quadrat male: Beide Linieneigenschaften („100% rund/gekrümmt“, „100% eckig/gerade“) bleiben. Irgendwo zwischen den Extremen steht eine gekrümmte Linie. Sie ist nicht linealgerade (yang), aber auch noch kein Kreis (yin).
Eine Mischung aus Extremen kann zum Beispiel sein, dass eine Frau einen Körper hat, der wirkt als wäre ein Dreieck (Schultern und Brustkorb) auf einen Kreis (Hüften/Becken) gesteckt. Sowohl das jeweilige Extrem (siehe Tabelle), als auch die Mischung aus Extremen sind ja auch für Anfänger leicht erkennbar. Wenn man irgendwo dazwischen steht, sind Linien für Neulinge schwieriger zu erkennen. Was tut man denn mit Hüften, die nicht offensichtlich eckig oder kugelig sind, Augen die weder kugelrund noch sehr schmal sind, wenn man durchschnittlich groß ist/wirkt etc.? Da wird das dann doch erst durch die konkreten Archetypen klarer, also Geduld.
Es ist auch an Frauen einfacher als an Männern. Ich denke aber, das liegt daran, dass Stil und Kleidung für Frauen ein viel verbreiteteres Thema ist, Frauen eher begutachtet (und äußerlich bewertet) werden und es daher noch viel zu wenig Inhalt zu Männerarchetypen gibt. Man vergleiche auch die Größe der Herren- und jene der Damenabteilung in Geschäften. Die Tabelle oben müsste man ein bisschen abwandeln, weil Männer im Durchschnitt(!) mehr yang sind als Frauen. Aber das Prinzip gilt für sie genauso. (Brauchst du Anschauungsmaterial? Sehr Yin und sehr Yang)
Und was für Gwand und Klamotten sind jetzt bitte yin und yang?
Yang sind gerade, lange Linien, großteilige Muster, gerade Schnitte, starke Kontraste, starke Farben.
Yin sind gerundete Linien, kleinteilige Muster, taillierte Schnitte, geringe Kontraste, sanfte Farben.
Ich finde es besser, von yin und yang zu reden, anstatt von weiblich und männlich, auch wenn viele diese Assoziationen haben, oder yin und yang sogar für sinnlose Euphemismen halten (wie Rachel vom TiB-Blog). Denn Blumenmuster zB gelten gemeinhin als feminin, es gibt sie jedoch in der yin-Version (Millefleurs zB) und in der yang-Version (sehr große, etwas abstrakte Blumen). Ein säulenartiges Maxikleid mit abstraktem Blumenprint hat genauso den Stempel „weiblich“ drauf wie ein Millefleurs-Rüschenkleid.
Du siehst in der Tabelle, dass das Thema Archetypen durchaus auch mit den Farbtypen zu tun hat. Wer sich mit denen ein bisschen beschäftigt hat, wird sicher schon bemerkt haben, dass den meisten Leuten nicht exakt jede Farbe aus ihrer Palette wirklich am besten steht, sondern dass sie sich am Wohlsten in einem bestimmten Eckerl fühlen. Das hängt neben Geschmack und Persönlichkeit auch ganz stark mit dem Archetypen bzw. Yin/Yang zusammen! Menschen, die recht yang sind, wirken meist am Besten in den dünkelsten, kräftigsten, knalligsten Farben in ihrer Palette und können starke Kontraste gut tragen (natürlich immer noch jene innerhalb ihrer Palette). Yinny Menschen dagegen stehen meistens die sanfteren, helleren, weicheren Farben, kombinieren Farben lieber mit niedrigem Kontrast.
Meine Freundin N, deren Schultern ich für das letzte Posting ausgeborgt hab, und ich haben zum Beispiel den selben Farbtyp (True Winter). Wir haben sogar eine sehr ähnliche Hautfarbe, Haarfarbe, Augenfarbe (was ja auch nicht unbedingt sein muss, nur weil einem die selben Farben stehen). Aber in der True-Winter-Palette sind wir bei ganz verschiedenen Farbgruppen daheim – sie bei den dünkelsten, ernstesten, mattesten und simpelsten Farben, ich dagegen bei den strahlenden intensiven Edelsteinfarben.
Das ist jetzt alles natürlich noch recht abstrakt, ich wollte hier erst mal nur das Konzept erklären. Hoffentlich wird dir das alles von Posting zu Posting klarer! Es ist zugegeben ein eher komplexes System, das eher den Einsatz von Bauchgefühl statt Maßbändern verlangt, was nicht jedem von Anfang an liegt. Aber das wird schon! Ich finde Archetypen einfach genial, mir hat noch nie etwas dermaßen geholfen.
Aber selbst wenn du auch am Ende der Reihe noch den totalen Knoten im Kopf hast oder die Archetypen wirklich blöd findest, bekommst du sicher trotzdem Ideen und Inspiration, die dich weiterbringen.
Und bitte mich auch ganz dringend mit allen Fragen löchern, die du hast!
Wo meinst du, stehst du? Eher bei yin oder eher bei yang?